Dienstag, 21.01.2025 - Frau K.

 RBB-RECHERCHEPLEITE 

Frau K.

Ein Kommentar von Michael Hanfeld

FAZ, Montag, 20.01.2025

Der RBB ist bei der Berichterstattung über angebliche Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar auf eine Betrügerin hereingefallen. Das passt ins negative Bild, das der Sender immer noch abgibt.

Eine eidesstattliche Erklärung ohne amtliche Beglaubigung ist nicht viel wert. Sie kann auch dazu dienen, einer Lüge den Anstrich der reinen Wahrheit zu verleihen. Im Fall des Rundfunks Berlin-Brandenburg ist sie noch mehr. Sie stammt von „Anne K.“, einer Person, die es gar nicht gibt. Frau K. ist die Erfindung einer Grünen-Politikerin, gegen die der RBB nun Strafanzeige gestellt hat.

Wie wurde die Identität überprüft?

Zuvor hatte der öffentlich-rechtliche Sender tagelang über Vorwürfe sexueller Belästigung berichtet, die gegen den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar erhoben würden. Die „hinter der eidesstattlichen Versicherung liegende Identität“ sei „nicht ausreichend überprüft worden“, teilt der RBB-Chefredakteur David Biesinger mit, „journalistische Standards“ seien „nicht vollumfänglich eingehalten worden“. „Betrügerische Absicht und die kriminelle Energie, mit der unter großem Aufwand eine falsche Identität vorgespiegelt worden ist“, hätten „dazu beigetragen, dass dieser Fehler geschah“.

Wie die Identität der Hinweisgeberin genau „überprüft“ wurde, konnte der Sender auf Anfrage der F.A.Z. noch nicht sagen. Doch hätten die Rechercheure schon allein wissen sollen, dass eine „eidesstattliche Versicherung“ auch dann nichts wert ist, wenn eine echte Person sie einem Journalisten gegenüber ausspricht. Da braucht es, um den Anforderungen an die Verdachtsberichterstattung zu genügen, einen Gegencheck, und mit dem von den Vorwürfen Betroffenen muss man auch reden.

Dass bei einer „Ombuds­stelle“ der Grünen weitere Vorwürfe eingegangen sein sollen, hilft da nicht weiter, nicht journalistisch, nicht juristisch. Die Vorgehensweise des RBB erinnert an andere Fälle von Verdachtsberichterstattung, die im Nachhinein von Anwälten durchlöchert wurden – bei dem Galeristen Johann König, dem Journalisten Julian Reichelt und dem Rocksänger Till Lindemann.

Doch der RBB schoss schon sehr weit übers Ziel hinaus und sorgt für Negativschlagzeilen in eigener Sache, aus denen der Sender nicht herauskommt. Vor Gericht stellt sich gerade heraus, dass der RBB der fristlos gekündigten Ex-Intendantin Patricia Schlesinger, die den Sender an den Rand des Ruins bugsierte, wahrscheinlich das bei einigen öffentlich-rechtlichen Sendern übliche ominöse „Ruhegeld“ von 18.300 Euro im Monat zahlen muss, weil ihr Vertrag das so vorsah. Mag ihre Amtsführung noch so miserabel gewesen sein, dürfte es schwerfallen, ihr dies straf- und zivilrechtlich zur Last zu legen.

Und dann auch noch Verfassungsklage

Der Fehler nämlich liegt nicht nur bei ihr – und liegt bei der Recherchepleite im Fall Gelbhaar nicht an einem einzelnen Redakteur. Das System ist marode, es fehlen checks and balances, der frühere Verwaltungsrat war ein Blindenverein oder partner in crime. Mit der aktuellen redaktionellen Pleite rundet sich ein Bild, das der RBB seit geraumer Zeit abgibt.

Und dann hat die Intendantin Ulrike Demmerauch noch nichts Besseres zu tun, als gegen den neuen Staatsvertrag des Senders, der Leitplanken für dessen regionale Gewichtung formuliert (vor allem, damit Brandenburg nicht immer hinter Berlin zurücksteht), Verfassungsklage einzulegen. Um Hybris ist der Pleitensender nicht verlegen. Der RBB schaufelt sich das eigene Grab. Sehr emsig.

Quelle: F.A.Z.

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